FĂŒr die Alumni Mitteilungen der Alumni ZHAW habe ich untenstehenden Artikel geschrieben:
Der Gotthard Basistunnel ist in Betrieb!
Seit Dezember ist das Jahrhundertbauwerk Gotthard Basistunnel im fahrplanmĂ€ssigen Betrieb der SBB. Als Testingenieur war ich von 2008 bis 2016 im Projekt fĂŒr die Thales Rail Signalling Solutions AG tĂ€tig und habe fĂŒr die Alumni Mitteilungen schon mehrfach aus dem Projekt berichtet. Im Jahr 2016 waren mehrere Schritte notwendig, um den Basistunnel termingerecht zum Fahrplanwechsel zur VerfĂŒgung zu stellen. Hier die Höhepunkte aus dem Jahr 2016.
Im Mai 2016 wurde die Inbetriebsetzung abgeschlossen. Dazu zĂ€hlte der Testbetrieb, welcher von Oktober 2015 bis Mai 2016 stattfand. Dann wurde das Bauwerk fĂŒr den Probebetrieb der SBB ĂŒbergeben. Im Test- und Probebetrieb wurden Zugfahrten und Prozesstests durchgefĂŒhrt. Diese dienten als Grundlage fĂŒr Nachweise zur Betriebsbewilligung. Damit wurde gezeigt, dass der Betrieb mit Personen- und GĂŒterzĂŒgen, der Personaleinsatz und die EreignisbewĂ€ltigung reibungslos funktioniert.
Am 1. Juni 2016 fand die offizielle Eröffnung statt, welche sich internationalem Renommees erfreute. Am 2. Juni wurden die Mitarbeiter eingeladen, die den Tunnel erbaut haben. Höhepunkt war die Rede von BundesrĂ€tin Doris Leuthard, die den Dank den Erbauern ausgesprochen hat – in einer sympathischen und emotionalen Weise, wie ich es selten erlebt habe. Das Eröffnungsfest schloss mit dem zweitĂ€gigen Volksfest, bei dem an den Bahnhöfen Erstfeld und Biasca, sowie den Tunnelportalen RynĂ€cht und Pollegio grosse FestplĂ€tze aufgebaut waren. Dort konnten ZĂŒge und weitere Exponate besichtigt werden.
Ein weiterer Höhepunkt hat am 11. Dezember 2016 stattgefunden – die erste fahrplanmĂ€ssige Zugfahrt von ZĂŒrich nach Lugano. Die SBB hat zum Festanlass geladen – einmal mehr hat die Schweiz Eisenbahngeschichte geschrieben und ein weiteres Symbol fĂŒr die Schweizer Innovation, PrĂ€zision und ZuverlĂ€ssigkeit in Betrieb genommen. Mit dem Fahrplanwechsel sind sich die Deutschschweiz und das Tessin rund 30 Minuten nĂ€her gerĂŒckt.
Ausstehend war die Betriebsbewilligung vom Bundesamt fĂŒr Verkehr (BAV) fĂŒr die “Aufnahme des Kommerziellen fahrplanmĂ€ssigen Betriebs”. Diese wurde vom BAV fĂŒr den Betreiber SBB Anfang Dezember erteilt. So stand dem bereits breit kommunizierten Termin, der fahrplanmĂ€ssigen Erstfahrt, am 11. Dezember 2016, nichts mehr im Wege.
Die GĂ€ste der SBB versammelten sich kurz vor 6 Uhr auf dem Perron des Gleis 7 im ZĂŒricher Hauptbahnhof. Es stand etwas Erstmaliges bevor. Wie schon Hesse sagte: “Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne”, und genau das spĂŒrte man: alle Leute lĂ€chelten. Neben den geladenen GĂ€sten waren auch regulĂ€re Passagiere unterwegs ins Tessin. Um 06:09 fuhr der Zug EC11 mit dem Ziel “Milano Centrale” los. Andreas Meyer (CEO SBB) hat per Durchsage im Zug die Reisenden begrĂŒsst und erlĂ€uterte die geschichtstrĂ€chtige Fahrt. Er kĂŒndete ein FrĂŒhstĂŒck an und wies auch gleich verschmitzt darauf hin, dieses rasch einzunehmen, denn man sei schneller in Lugano als bisher. Rund 5’000 Probefahrten wurden durchgefĂŒhrt und ca. 4’000 Personen wurden ausgebildet, um den Betrieb am Gotthard Basistunnel zu gewĂ€hrleisten.
Auf der Fahrt unterhielten sich die FahrgĂ€ste und erzĂ€hlten von ihren ersten Erfahrungen mit dem Gotthard, sei dies die erste Autofahrt ĂŒber den Pass oder Geschichten um das “Chileli von Wassen”. Die eigentliche Tunneldurchfahrt erfolgte problemlos. Das Tessin empfing uns mit einem wunderschönen Morgenrot. Um 08:17 fuhr der Zug in Lugano ein, die SBB-Kapelle spielte. Als nĂ€chster Zug traf ein GĂŒterzug mit wertvoller Fracht aus Basel ein. Basler LĂ€ckerli wurden entladen, Panettone eingeladen und der Zug sogleich wieder nach Basel zurĂŒckgeschickt. Es folgte der offizielle Akt der Bahnhofseinweihung, bei welchem die Herren A. Meyer SBB, P. FĂŒglistaler BAV sowie die LandammĂ€nner der Kantone Uri und Tessin sprachen. Danach wurde auch noch die Funicolare Lugano eingeweiht. Diese Standseilbahn wurde modernisiert und verbindet die SBB-Station mit der tieferliegenden Stadt.
Die mediale Begleitung des Tages war gross, so wurden am Abend in Tagesschau und 10vor10 Berichte zum Fahrplanwechsel und Interviews mit A. Meyer gesendet. Ăber GebĂŒhr wurde ein Vorfall ausgeschlachtet, bei dem ein GĂŒterzug im Gotthard Basistunnel ein Problem hatte, und abgeschleppt werden musste. Schuld war eine fehlerhafter Rechner auf der Lok des GĂŒterzuges.
In der ersten Betriebswoche mit dem neuen Fahrplan wurden folgende Anzahl VerspÀtungsminuten durch die Sicherungsanlage generiert: 0.
Das nĂ€chste grosse Eisenbahnprojekt in der Schweiz ist der Ceneri Basistunnel, der sĂŒdlich vom Gotthard liegt und die Stationen Bellinzona und Lugano verbindet. Mit 15,4km ist dieser Tunnel deutlich kĂŒrzer als der Gotthard Basistunnel. Das Projekt lĂ€uft ebenfalls bei der AlpTransit Gotthard AG und ist in die Lose Fahrbahn, Rohbau, Bahntechnik und Sicherungsanlage unterteilt. Am Nordportal in Camorino wird ein Installationsplatz aufgebaut. Schon lĂ€nger sichtbar ist das Viadukt zum Nordportal. Dieses Projekt wird mich persönlich auch wieder beschĂ€ftigen, neu in der Rolle als Teilprojektleiter fĂŒr ETCS und Stellwerk. Die Inbetriebnahme ist fĂŒr das Jahr 2020 geplant.